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Von Redaktionsbuero.

Vorwärtsgang!

„authentic structures“ in Osteuropa

Kunstvermittler, Kunsttheoretiker und Künstler aus Ost und West diskutierten kürzlich in Prag bei dem Symposium „authentic structures“ (8. bis 12. Dezember 2004), wie und ob die Kunstszenen in Osteuropa einen für sie „authentischen Weg“ der Kunstvermittlung und Kunstproduktion einschlagen können und sollen. Gibt es nach dem Fall des Eisernen Vorhangs eine gemeinsame „kulturelle Landschaft“?

Die Beantwortung dieser Fragen, zeigte sich, ist ein schwieriges Unterfangen, befinden sich doch die ehemaligen Ostblock-Länder derzeit noch in den unterschiedlichsten „Aggregatzuständen“ hinsichtlich ihrer (Kunst-)Geschichtsaufarbeitung und Demokratieentwicklung. Obwohl seit 1989 für viele Kunstschaffende die typisch schizophrene „Ost-Existenz“ in einem repressiven Regime zwischen Untergrund- und offizieller Szene ein Ende fand, empfanden viele Künstler die Konfrontation mit dem „Heil bringenden“ marktwirtschaftlichen System nicht minder traumatisch und analysieren für sich selbst eine Befindlichkeit „nahe dem Schockzustand“.

Nicht zuletzt deswegen, weil auch nach 15 Jahren in kaum einem Land (in Ost und West!) ein ausgereiftes Kulturpolitik-Konzept existiert, das Bezug auf eine neue, nachhaltige Kulturentwicklung im Neuen Europa nimmt. Die Betonung liegt auf „nachhaltig“. Welche Erfahrungen haben wir kulturpolitisch und kulturgesellschaftlich in den vergangenen eineinhalb Jahrzehnten sammeln können? Ist es sinnvoller, einzelne Personen, Institutionen, punktuelle Events oder lieber Langzeitprojekte zu unterstützen? Soll man Hilfe zur Selbsthilfe leisten? Wie wird privates Kultursponsoring akzeptiert? Welche Projekte haben Priorität? Soll mit öffentlichen Einrichtungen eng zusammengearbeitet werden? Oder sollen staatliche Stellen lieber umgangen werden? Wild wuchern derweil die verschiedensten Konzepte fröhlich nebeneinander, ohne dass ein gemeinsamer und sinnvoller Leitfaden existieren würde. Indes: Die Zeit drängt. Die kulturelle Entwicklung ist maßgeblicher Teil der Ausbildung starker Zivilgesellschaften im Neuen Europa. Wenn man sie vernachlässigt, verzögert man den Prozess oder schaltet ihn sogar auf den „Rückwärtsgang“, wie das aktuelle Beispiel Russland zeigt.

Führen wir einen Diskurs im „Vorwärtsgang“! In der vorliegenden Ausgabe stellen wir verschiedenste Projekte, Überlegungen und Konzepte zum Thema des privaten Kultursponsorings in Zentraleuropa vor. Wir hoffen, Sie ein wenig inspirieren zu können.

In diesem Sinne: Frohe Weihnachten und ein gutes neues Jahr wünschen herzlichst

Antje Mayer und Manuela Hötzl vom Redaktionsbuero!



„authentic structures“, 8. bis 12. 12. in Prag, organisiert von tranzit.cz, Goethe-Institut und MoMA New York.

Artikel erschienen in: REPORT. Magazin für Kunst und Zivilgesellschaft in
Zentral- und Osteuropa,September 2004
> Link: REPORT online > Link: Redaktionsbuero-